TMAP

Ab 10 Uhr wurden wir rausgeschleppt, ich war glücklicherweise relativ früh dran und konnte mich noch eine Stunde an die Windbedingungen gewöhnen. Beim Start kam ich recht gut über die Linie und kreuzte gleich nach rechts, nachdem wir dort einen Lift bekamen blieb ich mit einer Gruppe von ca. 10 Booten bis zum Ende der Bucht auf der rechten Seite doch während die “locals” den dort vorherrschenden Kap-Effekt nutzen konnten parkte ich im Windloch ein und konnte die Konkurrenz keine 50m entfernt vorbeiziehen sehen bis ich mich daraus freigekreuzt hatte.
Nach dem Pointe du Raz ging es dann Platt vor dem Laken gen Cap Caval wobei sich zeigte dass meine Running-Fähigkeiten stark verbesserungswürdig sind. Erst zur Marke südlich der Iles-de-Glenans hin bekam ich den Dreh raus und konnte mithalten bzw. noch ein Boot in die Tasche stecken. Ich war abgeschlagen, aber alles noch machbar als wir in die Nacht gingen so beschloss ich die Zeit von 03:00 bis 06:00 Uhr durchzumachen und mich ans Feld wieder heranzukämpfen – denn dies ist die Zeit wo die meisten Fehler gemacht werden und der eine oder andere einige Minuten schläft.
Der Plan ging einigermaßen auf und bei der Ile de Groix hatte ich wieder Sichtkontakt mit einigen Booten und konnte sogar 4 Boote hinter mir lassen. Bei der Rundung der Marken nördlich der Île de Groix verschätzte ich mich aber brutal mit dem Gezeitenstrom und musste die Boote wieder vorbeilassen.
Auf dem Weg zur südlichen Wendemarke zog nun dichter Seenebel auf und bei äußerst instabilem Wind zwischen 50 und 100 Grad Apparent und in der Stärke zwischen 8 und 12 Knoten fuhr ich in einer Gruppe von 4 mit zwei Booten vor und einem Boot hinter mir. Da der Wind so instabil war kam der Autopilot nicht gut klar und fuhr immer wieder tiefer als geplant weshalb ich selbst steuern musste. Da rächte sich nun meine durchgemachte Nacht denn nun war ich platt und hätte schlafen müssen. Bei einem hektischen Teekochen verbrühte ich mich dann auch noch mit kochendem Wasser, der Tag ging also gut los.
An der Wendemarke hatte ich das Boot vor mir überholt aber die Konkurrenz saß mir im Nacken.
Nach der Wendemarke dann ein fataler Fehler: vermutlich aus Müdigkeit setzte ich den kleinen an Stelle des großen Spis und verlor dadurch und das folgende Wechselmanöver umgehend wieder locker 10 Bootslängen auf meinen Konkurrenten. Nun war ein entscheidender Punkt im Rennen denn man musste sich entscheiden ob man sein Glück offshore sucht oder auf lokale Effekte und Gezeiten, z.B. westlich der Île de Groix hofft. Obwohl mein Plan eigentlich offshore vorsah traute ich der Sache nicht und entschied mich für einen Mittelweg. Auch hier war wieder Spifahren auf absolute Tiefe gefragt und dies geling meiner Konkurrenz hervorragend, mir selbst allerdings so gut und bei 8 Knoten Windspeed fuhr ich langsam aber sicher gen Norden durch den sich auflösenden Nebel.

Zwischen 9 und 10 Uhr flaute der Wind immer weiter ab und ich lieferte mir ein Duell mit einer anderen Pogo2 unter Spi auf die ich aufholte während von hinten Alan mit seiner Nacira langsam aber stetig aufholte indem er massiv Tiefe fuhr. Die andere Pogo2 fuhr schließlich in Richtung Küste, ich blieb in der Mitte und Alan versuchte es weiter offshore als der Wind komplett einschlief. Die nächsten Stunden waren nervenzerreissend denn ich konnte die Konkurrenz hinter dem Horizont verschwinden sehen, konnte die Boote weit offshore vorbeiziehen sehen nur wir drei Boote lagen komplett in der Flaute. Bei diesen Bedingungen ist an den Autopiloten nicht zu denken so daß ich nur einmal kurz für 10 Minuten dösen konnte als wir einen Windhauch hatten, ansonsten saß ich an Deck, steuerte von Hand und versuchte mich so gut es ging vor der knallen Sonne zu schützen.
Gegen 18 Uhr kam endlich wieder Wind auf und wir kämpften uns gen Norden mit 48sm zur nächsten Marke, einer Kardinalstonne westlich der Raz du Sein.
Das Duell mit der anderen Pogo2 spitzte sich zu als er mit raumerem Wind von der Küste zu mir auf die Layline fuhr und ca. eine halbe vor mir einsortierte. Das Rennen war eröffnet und ich kämpfte mich bei flauem Wind hoch am Wind zu ihm vor und konnte ihn schließlich bei Sonnenuntergang überholen und in Luv von ihm positionieren. Ich war happy, hatte einen Anlieger auf die nächste Marke, der Wind war da, ich hatte was gegessen und machte mich fertig für die Nacht da bremsen wir abrupt ab. Der Wind hatte binnen einer Minute um 60 Grad gedreht und wir hatten nun halben Wind. Mein Konkurrent und ich machten sofort unsere rollbaren Gennaker fertig doch beim setzen unterliefen mir zwei fatale Fehler und er zog von dannen und hatte schnell wieder eine Seemeile Vorsprung, ich bekam das Boot einfach nicht ordentlich getrimmt.

Auf den letzten 10 Meilen zur Marke kam es dann besonders hart denn Alan konnte aufgrund des neuen Windwinkels nun problemlos am Wind die Tonne anliegen und setzte sich eine Meile vor mich, derweil schlief von hinten der Wind ein und während die Konkurrenz vor mir mit Genua bzw. Gennaker die Tonne rundete musste ich nochmal auf den großen Spi wechseln und kämpfen um die Tonne zu kriegen und mich der starke Strom nicht auf die Steine treibt. Nachdem die Tonne gerundet war schaltete ich auf Autopilot um höher am Wind ein wenig zu schlafen doch die Instrumente begannen zu spinnen: das GPS und AIS fielen aus, das VHF piepste wild um sich. Ein Blick auf die Batteriespannung zeigte das Problem: 11.9V – die Batterien waren platt. Soviel zum Thema schlafen, mit Red Bull und einem Snickers im Magen sehnte ich den Sonnenaufgang herbei damit ich die Batterien wenigstens genug laden können würde um GPS, etc. bis zum Ziel zu betreiben.
Es folgte eine stundenlange Kreuz um die Tonne nördlich der Einfahrt zur Bucht von Douarnenez zu runden die zum Ende hin mit kurzer Hackwelle bei wenig Wind anstrengend war. Nun schlug auch die Schlaflosigkeit gnadenlos zu und ich fiel mehrfach beim Rudergehen in einen Sekundenschlaf. Obwohl ich das Gefühl hatte komplett abgeschlagen zu sein war meine Kreuz offenbar doch nicht so schlecht denn bei der Tonne erkannte ich mit einem Mal Alan mit seiner Nacira wieder ca. 1sm vor mir in Luv. Als er wendete um die Tonne zu runden fuhr ich auf seine Linie und folgte ihm. “Wenn schon letzter, dann wenigstens nicht mit viel Rückstand” war von nun an mein Motto und ich trimmte mein Boot bei dem nun langsam auf 10-12 Knoten zunehmenden Wind durch und konnte höher und schneller segeln als Alan. Meine Wende in die Bucht hinein – ich hatte den Rückstand bereits halbiert – versaue ich die Wende, treibe ohne Fahrt im Wind und verliere bestimmt eine Minute. Also das ganze wieder von vorne, der Wind dreht leicht südlich und wir können nun fast das Ziel anliegen. Noch ein kurzer Holeschlag um die letzte Tonne zu runden, dann geht es direkt zum Ziel.
Die letzten 12sm sind nun ein Drag Race – bei ca. 1-1,5m Hackwelle, der Wind nimmt auf 16 Knoten zu, fahren wir bei ca 50° Windeinfall 6,5 bis 7 Knoten. Hier ist das AIS praktisch denn ich kann überprüfen ob ich auf Alan gutmache und trimme unermüdlich. Ich hole stetig auf denn ich fahre die Böen (die mit 23 Knoten in den Buchten einfallen) aktiver aus und bin 2sm vor dem Ziel nur noch eine Bootslänge zurück.
Nun wird es eng und Alan luvt regelmäßig an um die Tür zuzumachen doch wir beide haben ein breites Grinsen im Gesicht.
Die letzte halbe Seemeile bin ich auf gleicher Höhe in Luv wird nochmal spannend, auf einmal beschließt eine deutsche Fahrtenyacht (“Kairos”) dass sie gern noch vor uns nach Douarnenez einlaufen möchte und fährt unter Maschine direkt zwischen uns und der Ziellinie durch – meine Nerven zeigen sich, ich schimpfe und bin unkonzentriert, falle wieder 1,5 Bootslängen zurück.
Als wir fast die Ziellinie überfahren reißt mit einem Mal Alan seinen Traveller auf und lässt sein Groß auswehen, ich denke an Bruch doch da steht er auf und zieht symbolisch seinen Hut vor mir. So kann ich das nicht stehen lassen und auch ich lasse das Groß fliegen doch ich habe zu viel Schwung und werde als erster abgeschossen – der Mann auf dem Zielschiff schüttelt nur ratlos den Kopf.
Später darauf angesprochen erklärt Alan dass er sich so gefreut hat dass wir uns so ein Klasse Rennen geliefert haben und ich so gekämpft habe dass er es unverdient gefunden hätte vor mir zu Zeiten. Ganz großer Sport.
Wie ich im Ziel erfahre waren wir doch nicht die letzten und so war es ein fünftletzter Platz oder 45. von 49. Schiffen die es ins Ziel geschafft haben. Für meine erste Regatta in 2012 und meine erste Soloregatta überhaupt ein Ergebnis das in Ordnung geht. Ich habe eine Menge gelernt und weiß nun an welchen Schwächen ich arbeiten muss.