Mini Transat Etappe 1

IMG_0505Es ist unglaubliche fünf Wochen her seit wir an einem strahlenden Samstagmittag die Startlinie des Mini Transat überquert haben, seitdem ist viel passiert und es war viel zu viel zu tun also musste das Blog leider wieder mal drunter leiden. Aber dazu später…

Freitag Abend gehe ich nach einem Abendessen mit Freunden ins “Bett” denn die letzte Nacht werde ich bereits an Bord verbringen. Vor drei Uhr Morgens ist an Schlaf kaum zu denken denn keine 50m von mir entfernt steht das Disco-Zelt der Classe Mini Party doch irgendwie kann ich bei dem Lärm schon ganz gut dösen.

Am Samstag früh um 8 werde ich dann als zweites Boot in den tidenabhängigen Hafen Treboul in Douarnenez geschleppt und ab da geht alles irgendwie recht schnell. Die Stunden fliegen vorbei mit letzten Gesprächen mit anderen Skippern und Freunden, Interviews und allerletzten Vorbereitungen an Bord. Als wir um 13 Uhr zum Start rausgeschleppt werden und mein Lied aus den Lautsprechern ertönt wirkt alles recht surreal doch ich bin froh recht früh draussen zu sein und Zeit zu haben mich an die Bedingungen zu gewöhnen.
Die letzte Stunde vor dem Start geht schnell vorbei, das Feld ist recht eng an die Küste gedrängt und die vielen Begleit- und Zuschauerboote sorgen für noch mehr Verkehr, teilweise ziemlich unübersichtlich. Das führt dazu dass in den letzten zwei Minuten vor dem Start mir zwei Boote nicht die Vorfahrt gewähren können die ich eigentlich bekommen sollte und ich ziemlich aufwändig Halsen muss, als der Startschuss ertönt bin ich noch dabei meine Fock zu setzen. Das geht ja gut los…
Der Kurs zur ersten Tonne läuft nicht so gut für mich und als 4-letztes Schiff nähere ich mich der gelben Aufblastonne an der sich Axel Trehin mit seinem Schwenkkiel eingehakt hat. Als ich ankomme ist er gerade losgekommen und ich kann die Tonne in 1m Abstand runden, die folgende Kreuz zur 2. Tonne mache ich gut und schon bin ich wieder im Mittelfeld angekommen. Es folgt ein kurzer Vorwindkurs bevor wir dann die lange Kreuz aus der Bucht von Douarnenez antreten.

Helishot vor dem Start

Helishot vor dem Start

Als wir die Île de Tristan hinter uns lassen wird es langsam leiser (der Helikopter zieht ab) und auch der Platz wird weiter, langsam nimmt das Rennen “normale” Formen an und beim Einsetzen der Dämmerung passieren wir den Leuchtturm La Plate am Point du Raz, mein Freund Andy mit der 587 ist 50m in Lee und wir winken uns freudig zu. Der große Spi geht hoch und die gesamte Flotte zieht langsam gen Westen in die Nacht hinein, es fühlt sich an wie jedes andere Rennen von Douarnenez aus.

Der Sonntag ist geprägt von einer Flaute die uns den Großteil des Tages festhält, das Feld zieht sich massiv auseinander weil einige auf einen extremen Westkurs setzen während andere – wie ich – etwas moderater nach Südwesten halten. Montag bin ich den Großteil des Tages allein, nachmittags zieht die erste Kaltfront durch, es frischt auf 20-25kn auf und ich kann erst mit Medium Spi und dann mit “Sturm-Spi” (Code5) in 4 Stunden 45 Meilen loggen, also einen Schnitt von 10-11kn fahren. So langsam fängt es an sich wie eine Langstrecke anzufühlen…
Die Nacht und der folgende Tag ist von Segelwechseln geprägt: Upwind und Reachen mit Groß und Fock, dann Code0 reachen, Code5, Medium Spi, dann zieht wieder ein Regenschauer heran der 25-30kn und sintflutartigen Wind bringt, also Segel wieder verkleinern. Nach 30 Minuten ist der Spuk vorbei und es geht von vorne los. Doch wir können im Dunst die spanische Küste sehen und die Anspannung sinkt mit jeder Meile die wir uns dem Cap Finisterre nähern.

In der Nacht zu Mittwoch ist es soweit und wir lassen Cap Finisterre links liegen, vor dem Wind fahren wir mit großem Spi und es ist das erste Mal Nachts nicht wirklich kalt.
Mittwoch dreht der Wind auf und ich halse noch einmal in Richtung portugiesische Küste um von der Beschleunigung zu profitieren, bekomme aber etwas mehr Wind als bestellt. Der Tag wird sehr anstrengend: erst noch mit Medium Spi, später dann mit Code5 surfen wir die 3-4m (teilweise 5m) hohen Wellen herunter, regelmäßig verschwinden Bugspriet und der Bug in den Wassermassen. Der Wind nimmt teilweise auf 36kn zu und als erst die Klemme meiner Tackline und später der Block der Tackline am Bugspriet versagt beginne ich mir ernsthaft Sorgen um das Material zu machen.
Nach 7h steuern von Hand nehme ich um 21 Uhr den Spi herunter und fahre mit Groß und Fock weiter. Ein großer Fehler wie sich später zeigt denn ich fahre zu defensiv und verliere auf die Konkurrenz. Außerdem will ich mir die Optionen offen halten und fahre parallel zur Küste anstatt den guten Wind für ein wenig Weg nach Westen zu nutzen.

Die nächsten Tage gleichen sich alle ziemlich, unter verschiedenen Spis fahren wir bei grauem Himmel und Wind von 5 bis 20kn unser eigenes Rennen. Kein Kontakt zu Konkurrenz oder Begleitbooten, nur das eine oder andere Containerschiff begegnet mir.

Nur ein einzelner Vorfall sei noch zu erwähnen: Als Gibraltar querab liegt und es Abends bereits zu dämmern beginnt bin ich unter Deck, der Pilot steuert uns mit 9-11kn unter großem Spi, da höre ich auf einmal den Spi im Wind flattern. Ich haste an Deck und stelle fest dass der Schäkel der Tackline aufgegangen ist und das Segel nur noch Schot und Fall hängt. Leider versucht der Pilot auf den veränderten Druck zu reagieren und als ich nach vorne schaue sehe ich wie sich der Spi bereits mehrfach um das Vorstag gewickelt hat. Am Bug stelle ich fest dass der Spi es geschafft hat sich teilweise zwischen Vorstag und dem Fockfall durchzuwickeln, teilweise aber auch um beide herum zu wickeln. Das Ergebnis sind zwei massive Knoten, einer unten am Bug und einer oben am Mast.
Auf dem Bugkorb balancierend (angeleint) schaffe ich es nach ca. 30 Minuten den Spi zu entwirren doch das ist leider nur der untere Teil, der Spi hängt immer noch am Vorstag auf 3/4 der Masthöhe fest. Ich zerre und hänge mich mit dem Gewicht an den Spi doch er bewegt sich kein Stück.
Es wird dunkel und so wie der Spi immer noch schlägt bin ich mir nicht sicher ob er die Nacht überstehen würde. Außerdem sind wir so nicht gerade schnell.
Also lege ich mein Klettergeschirr an und klettere mit meiner Stirnlampe und einem “Puncher” bewaffnet am Fractional Fall den Mast hoch. Das Boot läuft nur unter Groß auf einem tiefen Reach doch die Wellen schütteln uns ordentlich durch und ich ziehe mir einige blaue Flecken vom Mast, Wanten und Salingen zu. Als ich endlich das obere Ende des Vorstags erreiche und mir den Spi anschaue der GAU: meine Stirnlampe ist leer und geht aus. Ich lache laut vor mich hin, so obskur ist die Situation dass das genau jetzt passiert. Doch das Topplicht vom Mast ist hell genug so daß ich den Spi vom Fall aushaken und entwirren kann. Als ich zurück an Deck bin stelle ich fest dass ich fast 1.5h im Mast unterwegs war.
Todmüde setze ich noch schnell den mittleren Spi, dann verschwinde ich unter Deck um in 20-Minuten Etappen einige Stunden zu Schlafen.

Downwind

Downwind

1 Tag vor Lanzarote höre ich auf einmal Benoit und Jaanus über Funk und wir quatschen eine Weile, dann bricht auch schon der letzte Tag an und wir haben Land in Sicht.
Um ca. 17 Uhr überquere ich schließlich als 30. von 46 Serienbooten und bester deutscher Teilnehmer die Ziellinie in Arrecife.

Der Empfang am Steg ist grandios, alle Skipper warten auf dem Steg und applaudieren als ich mein Bier in Empfang nehme. Wie sich herausstellt bin ich genau rechtzeitig zur abendlichen Party gekommen und so wird es bis in die Morgenstunden dauern bis ich an Bord einschlafe.

Obwohl ich keine größeren Schäden zu vermelden hatte so gab es in den letzten Wochen doch wieder einiges an Bord zu tun, u.a.:
– Dyneema-Verstärkungen gegen Schamfilen auf diverse Leinen genäht:
– Achterholer des Bugspriets
– Tackline
– Baumniederholer
– Technora-Verstärkungen für besseren Halt in der Klemme auf diverse Leinen genäht:
– Fractional Fall
– Achterholer des Bugspriets
– Bugspriet-Niederholer
– Mastdurchführung neu abgedichtet
– 80 Liter Wasser vom Supermarkt an Bord gebracht
– Überbleibsel der 1. Etappe in neue Essenspakete umgepackt
– Essen der 2. Etappe vervollständigt und kontrolliert
– Wegepunkte der kanarischen Inseln und der Antillen erstellt und programmiert

dazu die normalen Kontrollen (Mastkontrolle, Ruderblätter und Kiel), Winschen gewartet, alle Blöcke gespült und geölt.
Und zu guter Letzt das tägliche Ritual das Boot abzutauchen und sauber zu wischen.

Die kommenden zwei Tage vor der 2. Etappe sind jetzt wie immer dem Wetter und der Taktik gewidmet, dann geht es am Samstag endlich los: über den Atlantik!

Mini Fastnet 2015

Mast-Kontrolle und -SelfieIm Juni stand das für mich erste Mini-Rennen dieses Jahres an: Das Mini Fastnet.
Da ich wegen Problemen mit der Verbindungsstange zwischen den Ruderblättern das Mini en Mai nicht mitfahren konnte wurde die Teilnahme am Mini Fastnet noch ein wenig wichtiger: Es würde das letzte Fehlende Rennen zu meiner Transat-Qualifikation sein.

Die Tage vor dem Rennen verliefen recht entspannt. Das Boot war vorbereitet und so arbeiteten mein Mitsegler Björn Freels und ich an der Navigation und erledigten “nice to have” Dinge an Bord.
Am Samstag den 13. Juni wurde in der Bucht von Douarnenez dann ein Prolog mit zwei Runden auf einem Dreieckskurs gesegelt bei dem wir uns an einander gewöhnen konnten, immerhin war es fast zwei Jahre her seit wir das letzte Mal zusammen gesegelt waren. Ein 10. Platz im Prolog machte Lust auf mehr.

Der Start zum eigentlichen Rennen war dann am Sonntag den 14.6. um 16 Uhr. Bei Wind um die 10kn kamen wir einigermaßen gut über die Linie, trauten uns dann aber nicht den extremen Schlag nach rechts zu machen und hielten uns eher in der Mitte wodurch wir direkt in der 2. Hälfte des Feldes lagen.
Bei der Ansteuerung und Durchquerung des Chenal du Four unterlief uns dann ein fataler Fehler. Unser Roadbook besagte dass wir bereits mitlaufenden Strom haben sollten weshalb wir die Buchten am Anfang nicht so konsequent aussegelten wie viele andere und wurden noch einige Plätze nach hinten durchgereicht.
Bei Sonnenuntergang waren wir aus dem Chenal heraus und segelten als fast lee-wärtigstes Boot der Flotte am Wind durch die Nacht. Der Wind schwankte in der Stärke, blieb aber eigentlich immer um die 10kn und wir hangelten uns durch etwas mehr Höhe wieder an das Feld heran. Andy&Craig (587) und Becky&Hester (807) waren beide nur 0.3sm weg von uns, da fühlten wir uns in guter Gesellschaft.
Am Wind ging der Montag weiter bis nachmittags der Wind für einige Stunden einschlief und wir mitten auf dem Ärmelkanal trieben. Glücklicherweise wurde die noch recht kompakte Flotte von “Ushant Traffic” der Berufsschifffahrt mitgeteilt die einen großen Bogen um uns fuhren.

(c)  Simon Jourdain

(c) Simon Jourdain

Im Morgengrauen am Dienstag kamen wir schließlich an Land’s End an – immer noch am Wind – wo wir das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) umfahren mussten. Hier unterlief mir und Björn ein zweiter fataler Fehler: wir wollten uns eigentlich recht nah am Longships Lighthouse halten um einen möglich guten Winkel zur nördlichen Ecke des VTG zu haben doch mein Wegepunkt der eigentlich direkt vor dem Leuchtturm liegen sollte lag viel weiter westlich. Dadurch segelten wir von der Flotte weg und als dann morgens der Wind einschlief und sehr flau aus Süd zurückkam hatten wir die deutlich schlechtere Position und mussten einige Schiffe davon ziehen lassen. Es würde noch gefühlt den ganzen Tag dauern bis wir endlich vor dem Wind kreuzend das VTG hinter uns lassen und mit der Code Zero Kurs auf die irische Küste nehmen können.

In der Nacht zu Mittwoch segeln wir nur noch mit einem Boot in Sichtweite, das Feld hat sich stark auseinander gezogen und aufgefächert. Zudem steht die Frage an ob man mit damit rechnet die angekündigte Kaltfront noch auf dem Weg zu “Stags” (einer Kardinaltonne vor der irischen Küste) zu bekommen oder nicht. Daraus ergäbe sich nämlich ein Winddreher den man entsprechend ausfahren könnte.
Wir entscheiden uns für den konservativen Ansatz und halten uns recht nah an der Linie und begegnen bei der Kreuz kurz vor Stags noch 4 anderen Booten. Der Wind hat auf 18-23kn zugenommen und bei starkem Tidenstrom und einer kurzen Welle ist unsere Am-Wind-Speed nicht so berauschend. Am Ende müssen wir 3 der 4 Boote durchlassen und runden Stags am Donnerstag Nachmittag.
Fastnet RockNun stehen noch einige Stunden Kreuz an bevor wir endlich gegen ca. 22:30 Uhr den beeindruckend im Abendrot leuchtenden Fastnet Rock runden.
Kaum frei von den Felsen setzen wir die Code5 um an der westlichen Seite des Fastnet VTG vorbeizufahren und genießen traumhafte 20 Minuten lang eine Speed von 9kn, in den Surfs 13.
Schnell ist das VTG vorbei und wir wechseln auf den großen Spi um Richtung Ouessant abzufallen. Auch mit großem Spi bleiben wir bei einem Schnitt von 8kn und freuen uns auf eine schnelle Nacht doch bereits 20 Minuten später nimmt der Wind auf 6-8kn ab und die Rauschefahrt ist vorbei. Zudem dreht der Wind auf NW so daß wir ihn nun auch noch von exakt hinten haben: also vor dem Wind kreuzen.

Der Donnerstag und Freitag sind zum verwechseln ähnlich: bei strahlendem Sonnenschein mit leichter lockerer Bewölkung schwankt der Wind zwischen 4 und 12kn, kommt direkt von hinten und die beeindruckende Welle macht es schwierig einen guten Trimm zu finden bei dem der Spi steht und wir möglichst schnell in Richtung Ziel fahren.

teamca-dockingAm Samstag morgen schließlich, um 06:28 Uhr überqueren wir schließlich die Ziellinie vor Douarnenez.
Um die ca. 600sm lange Strecke zu schaffen sind wir am Ende 714sm gesegelt.
Im Ziel stellt sich heraus dass es ein “the rich get richer”-Rennen war: je früher man um den Fastnet Rock herum kam desto länger hatte man die Downwind-Strecke mit viel Druck und umso weniger flaue Winde. Andy&Craig (zur Erinnerung, im Ärmelkanal 0.3sm vor uns, bei Land’s End 0.8sm vor uns) waren am Freitag um 16 Uhr im Ziel, 14h vor uns!

Mit dem Wissen dass da eigentlich ein wenig mehr drin gewesen wäre ziehen Björn und ich aber ein versöhnliches Fazit unter dieses Rennen: wir hatten sehr schönes Segelwetter (wann hat man schonmal die Gelegenheit 2 1/2 Tage lang den großen Spi stehen zu lassen!?) und unsere Speed war im großen und ganzen auch ok. An Bord gab es kein einziges noch so kleines Problem, bis auf drei Leckende Schrauben und die Mastdurchführung gibt es nichts gravierendes an Bord zu tun.

Das Boot geht jetzt in die Werft für ein neues Unterwasserschiff und einige kosmetische Reparaturen. Dann wird die Elektrik noch ein wenig überarbeitet damit das Boot bereit ist für das große Rennen im September: das Mini Transat!