Am 22. April stand der Start zum Pornichet Select an: 330 Seemeilen solo, vor der französischen Atlantikküste.
Ich hatte mich schon sehr auf das erste Rennen mit dem neuen Boot gefreut und sollte nicht enttäuscht werden, auch wenn nicht alles so lief wie geplant…
Zunächst mal hatte ich die Woche vor dem Rennen mit einer Lebensmittelvergiftung zu kämpfen, die mich ziemlich ausser Gefecht gesetzt hatte und wegen der ich mir sogar eine Erlaubnis von der Regattaleitung und Klassenvereinigung holte, später erst in Pornichet anwesend zu sein.
Somit musste der ganze Papierkram und der Sicherheitscheck dann im Kurzprogramm ablaufen, aber dank Andrea’s Hilfe war das alles dann doch bis Freitag Mittag erledigt und das Boot rennfertig vorbereitet. Für meine eigene Vorbereitung blieb dann aber nicht mehr viel Zeit. Ausser einigen ausgedruckten Screenshots von Windvorhersagen würde ich das Rennen ganz klassisch mit meinen Wegepunkten im GPS und Papierkarten hinter mich bringen.
Am Samstag selbst kam ich beim 2. Start (beim ersten gab es einen generellen Rückruf) einigermaßen gut weg, nach einer beinahe-Kollision mit einem anderen Boot – dessen Autopilot auf einmal massiv anluvte – landete ich dann aber nach einer Panikwende im hinteren Drittel des Feldes und so ging es dann auch unter großem Spi aus der Bucht von La Baule heraus.
Samstag Nachmittag wurde es dann erst zu einem Code Zero-Kurs, der sehr gut lief, dann schlief der Wind weiter ein und ich hatte Probleme, das Boot bei dem leichten Wind auf einem Am-Wind-Kurs am Laufen zu halten. Gegen Abend dann fuhren wir durch die Passage de la Teignouse südlich von Quiberon und hielten mit einem Schrick in den Schoten auf die Wendemarke, den Leuchtturm Birvideaux zu.
Auf den letzten 3 Meilen zum Leuchtturm backte der Wind massiv, so dass ich das Gefühl hatte die Code5 (sehr flachen Spi) setzen zu müssen. Dabei vergeigte ich das Manöver aber so grundsätzlich, dass ich auf einmal die Code5 hinter dem Schiff in den Ruderblättern hängen hatte, mein Bugspriet war nicht mehr zu sehen.
Frustriert drehte ich das Boot in den Wind und segelte rückwärts, um die Code5 wieder zu entwirren und das klitschnasse Segel aus dem Wasser zu bergen, im Hinterkopf plante ich schon meinen direkten Kurs auf Lorient – denn ohne Bugspriet weiterzufahren erschien mir sinnlos.
Als ich aber zum Bug ging um die Reste des vermeintlich gebrochenen Bugspriets zu bergen, tauchte dieser wieder auf. Er war einfach nur direkt vor dem Bug senkrecht nach unten geklappt, hatte die ganze Aktion aber heil überstanden! Lediglich der Mechanismus, der den Bugspriet eigentlich waagerecht halten soll war mitsamt Nieten aus dem Metall gerissen.
Das Rennen konnte weitergehen und ich hielt auf Birvideaux zu, obwohl die Anstrengung meinem angeschlagenen Magen nicht gut tat und ich mit Magenkrämpfen an Deck saß.
Kaum war Birvideaux gerundet, lief ich vor dem Wind auf einem tiefen Kurs ab und reparierte den Bugspriet, ausserdem mussten noch die Tackline und die beiden Achterholer klariert werden, die sich ebenfalls am Kiel bzw. Ruderblättern verheddert hatten.
Jetzt folgte ich der Flotte, die sich auf einem Close-Reach mit Fock und Groß nach Süden bewegte. Also trimmte ich die Fock, band ein Reff ins Groß und machte mich ans aufholen. Der Wind nahm auf beständig 20 Knoten, teilweise 28 Knoten zu, so dass ich nach einiger Zeit ein zweites Reff ins Groß band, ansonsten war die folgende Nacht ereignislos. Ich hätte wahrscheinlich deutlich mehr aus den Bedingungen machen können und müssen, war aber einfach zu müde und so war ich damit zufrieden, nicht den Anschluss an die Flotte verloren zu haben.
Noch in der Nacht passierten wir die Île d’Yeu und in den Morgenstunden begann ein Am-Wind Kurs bei nur noch 5-8 Knoten Wind nach Les Sables d’Olonne, wo wir gegen eine kurze Hackwelle anfahren mussten. Wie auch am Tag zuvor, fiel mir dies unglaublich schwer und ich musste den Piloten steuern lassen, um einigermaßen mit meinen Konkurrenten mithalten zu können.
Als wir um 12 Uhr die Tonne “Nouche-Sud” vor Les-Sables-d’Olonne rundeten, war ich in einer Gruppe von ca. 5 Booten vor, und 4 Booten hinter mir. Die Boote um mich herum zogen ihre großen Spis und fuhren davon, doch ich konnte das Boot unter dem großen Spi einfach nicht stabil bekommen. Immer wieder fuhren wir heftige Sonnenschüsse, einer war so heftig, dass mir meine brandneue mobile Solaranlage von Bord gerissen wurde! Damit war meine einzige Möglichkeit, die Batterien zu laden weg. Ab jetzt hieß es also auch noch Strom zu sparen.
Aus dem Reach wurde eine kurze Am-Wind-Phase, die sich nördlich von der Île d’Yeu wieder in einen Reach unter Code-Zero entwickelte, womit ich sehr gut klarkam. Diese Besegelung sollten wir bis zur Nordspitze der Île de Groix fahren und dabei glücklicherweise einige Boote wieder einsammeln, die uns am Vortag überholt hatten.
Nach einer kurzen Kreuz zwischen der Île de Groix und Lorient hatten wir dann einen Anlieger auf die Île de Quiberon und ich hatte das Gefühl, ganz gut positioniert zu sein. Doch als wir die Südspitze der Île de Quiberon rundeten mussten wir wieder auf einen flauen Am-Wind Kurs und Stan zeigte mir wie es geht, indem er mir innerhalb einer Stunde eine halbe Meile Rückstand in Vorsprung verwandelte und dabei auch noch höher fuhr als ich…
Im Laufe des Vormittags kam dann auf einmal auch noch die Ofcet 891 von hinten unter Code Zero auf einem sehr spitzen Winkel angefahren und kam immer näher. Ich war überzeugt davon, auf diesem spitzen Winkel meine Code Zero nicht nutzen zu können und saß mehr oder weniger hilflos da und sah zu wie er mich überholte. Erst als er querab war, probierte ich es auch und siehe da, natürlich funktionierte es! Warum hatte ich Idiot das nicht schon vor einer Stunde probiert!?
Nun waren alle aus meiner lokalen Gruppe ca. 0.2-0.5 Seemeilen vor mir, als wir die letzte Wendemarke am Plateau du Four rundeten und in einem Drag Race auf Pornichet zuhielten. Immer noch unter Code Zero waren wir alle schnell unterwegs und obwohl die Ofcet 891 und ich auf Stan (742) und Simon (796) aufholten, so kamen wir doch nicht richtig in Schlagdistanz. Dann spitzte der Wind an und wir mussten in die Bucht von Pornichet kreuzen. Vor mir mittlerweile 742, 796, 891 und die 502 – die mit Pilotenprobleme zu kämpfen hatte und von unserer Gruppe eingeholt worden war. Und ich letzter in der Gruppe…
Es entbrannte ein wildes Wendeduell bei dem mich die 891 klassisch deckte, nur einmal gelang mir der Split, woraufhin die 502 aber gleich auf mich rauf wendete. Es war zum Haare raufen.
Alle hielten auf Steuerbordbug rechts vom Ziel zu, nur Simon war auf anderem Bug in Richtung Strand unterwegs. Das sah ich nun auch als einzige Möglichkeit, noch etwas zu ändern und wendete ebenfalls. Nach einigen Minuten konnte ich das Zielboot in der Ferne querab erkennen und wendete wieder, doch ich musste Abfallen, war ca. 5 Grad zu niedrieg und würde nochmal wenden müssen.
Als ich 300m vom Ziel entfernt bin, setzen auf einmal mehrere heftige Böen ein, ich kann mit jeder Böe ein wenig mehr Höhe rausfahren. Ich schaue nach Lee, von dort kommt die 891 auf Wegerechtbug auf mich zu, er kann die Ziellinie anliegen. Doch ich schaffe es, vor ihm zu passieren und auf ihn drauf zu wenden, 20m vor der Ziellinie!
Doch es ist noch nicht vorbei, er fällt ab und nutzt seine Speed um in Lee durch zu kommen, während ich erst wieder beschleunige. Er ist auf gleicher Höhe und ein wenig schneller, doch die Ziellinie liegt schräg, ich bin näher dran… Ich wende noch einmal, um die Nase als erster über die Linie drücken zu können und tatsächlich, ich werde als erster abgeschossen, die 891 nur wenige Sekunden nach mir: auf den letzten zwei Wenden habe ich doch noch zwei Pläte gutgemacht.
So endet mein erstes Rennen mit ORAFOL/Haya (921) dann auch mit gemischten Gefühlen: Es hat unglaublich Spaß gemacht, aber das Boot ist deutlich anders als die Pogo2. Gerade beim Segelplan, als auch beim Trimmen sind die Boote sehr unterschiedlich und ich muss definitiv noch einiges Lernen.
Doch dafür, dass ich über ein Jahr lang keine Solo Regatta gesegelt war und überhaupt wenig zum Segeln kam, war es doch gut zu sehen dass einige Automatismen noch funktionierten.
Das nächste Rennen ist das Mini en Mai, 500sm solo, mit Start am 9. Mai.