1000sm Qualifier: Teil 1
Îles de Glénan
Gut eine Woche nachdem ich meinen 1000 Seemeilen Qualifikationskurs absolviert habe komme ich endlich mal dazu was darüber zu schreiben.
Es war von vornherein geplant gewesen den Qualifier möglichst früh im Jahr zu segeln und so waren eigentlich alle wichtigen Vorbereitungen dafür bereits seit Ende Januar abgeschlossen, das Boot war quasi fertig gepackt und das Warten auf ein geeignetes Wetterfenster und eine Möglichkeit Urlaub vom Job zu nehmen begann. Es verstrichen zwei Monate bis endlich alles zusammen passte: Im Job so viel Ruhe dass ich problemlos eine Woche Urlaub nehmen könnte und gleichzeitig eine Wettervorhersage die zumindest für die ersten 4-5 Tage berechenbare Bedingungen versprach.
Am 4. April schlief ich erstmal aus und frühstückte entspannt, dann wurden noch letzte frische Lebensmittel gekauft und letzte Dinge von Bord gebracht, dann war ich gegen 12:30 Uhr soweit und lief aus. Nicolas D’Estais war so nett mich vom Ponton zu verabschieden und beim Auslaufen begegneten mir noch einige Minis die zum samstäglichen Training unterwegs waren.
Nach gut einer Stunde war ich aus der Ansteuerung von Lorient heraus und konnte mit Kurs West in Richtung der Îles de Glénan fahren. Erst noch mit Fock raumte der Wind nach und Nach und ich konnte mit mittlerem Spi und strahlendem Sonnenschein gut Strecke machen.
LandsEnd
Nach Sonnenuntergang, ich befand mich gerade in der Bucht von Audierne kurz vor dem Point de Raz (westliche Landspitze Frankreichs), gab es einen kurzen Schreck denn als ich gerade an Deck ging fiel auf einem Mal der komplette Strom an Bord aus. Nicht gerade optimal wenn man mit Spi unterwegs ist doch zum Glück stellte sich schnell heraus dass ich mit dem Fuss den Hauptschalter betätigt hatte.
Wir erwischten die Durchfahrt des Pt. de Raz bei Slackwater und ich hatte die wohl entspannteste Durchfahrt durch diese spannende Stelle die einem sonst auch gern mal mit Gegenstrom von 3-4 Knoten begegnet.
Nachdem die Île de Tevennec umschifft war legte ich Kurs auf Ouessant und barg den Spi weil der Wind auf 14-18 Knoten zunahm, kurz danach reffte ich das Groß. Mit einem Tight Reach ging es in Richtung Ouessant und ohne Boote in Sicht- und AIS-Weite legte ich mich ein wenig schlafen. Nach einigen Schlaf-Intervallen fühlten sich die Bootsbewegungen irgendwie anders an, da sehe ich aus dem Augenwinkel das GPS das eine Geschwindigkeit über Grund (SOG) von 13 Knoten anzeigt (das ist sehr sehr schnell). Ich hechte an Deck doch dort ist alles in Ordnung, der Wind hat einfach in den Böen auf 27 Knoten aufgefrischt doch unter gereffter Fock und nun zwei Reffs im Groß prescht scaprat mit im Schnitt 8 Knoten unter Pilot durch die Nacht.
Am Sonntag morgen flaut der Wind deutlich ab und wir können wieder den Spi setzen, rauschen aber immer noch mit 6 Knoten mindestens direkt auf Land’s End zu und passieren es gegen Mittag bei strahlendem Sonnenschein.
In den ersten 24h des Qualifiers loggen wir 161 Seemeilen, ein Schnitt von 6.7 Knoten. Gar nicht schlecht.
Seenebel auf dem Weg nach Irland
Doch direkt nachdem die Küste von Cornwall wieder im Dunst verschwindet beginnt eine harte Geduldsprobe. Das Hochdruckgebiet dass eigentlich über Irland liegen sollte und uns bislang den hervorragenden Wind beschert hat liegt weiter südlich und so finden wir uns nun fast mitten in einer Hochdruckrinne.
Das Ergebnis sind stark drehende, flaue Winde von 2-3 Knoten die uns den Sonntag begleiten, ab Montag früh ist dann die Puste komplett raus. Stundenlange Flauten wechseln sich mit 1-2 Knoten Wind ab, dazu steht eine beeindruckende Dünung und zu guter Letzt hüllt uns Seenebel mit einer Sichtweite von ca. 150m ein. So dümpeln wir durch den Tag den ich hauptsächlich unter Deck verbringe, es ist zu kalt und Ausguck gehen kann ich oben eh nicht. Den Blick auf das AIS und den Radarwarner geheftet kommt schlechte Laune auf: der nächste Wegepunkt, das “Lighthouse Coningbeg”) kommt und kommt nicht näher. Etmal des Tages: 55sm, ein Schnitt von 2 Knoten, wobei ich den Großteil davon wohl der Strömung zu verdanken habe.
In der Nacht zu Dienstag kommt endlich wieder Wind auf und morgens reißt auch der Nebel auf, bei strahlendem Sonnenschein kann ich schließlich nach einigen Kreuzschlägen Coningbeg anliegen und direkt nach der Rundung den großen Spi setzen. Begeistert feiere ich die Rundung mit einem Bier, Schinken, Käse und Crackern.
kurz vor Coningbeg, irische Küste
Doch kurz danach wird klar: der Wind den ich zuletzt hatte war nicht der Tatsache zu verdanken dass sich das Hoch verschoben hatte sondern dass ich durch den Hochdruck hindurchgefahren war. Als ich nun wieder nach Süden fahre kommt prompt der Nebel zurück und der Wind geht.
Es wird wieder gute 30 Stunden mit flauen Winden, ca. 9h absoluter Flaute und diverse Flüche dauern bis wir endlich im Morgengrauen wieder Land’s End vor uns sehen.
Reffen vor Land’s End
Je näher wir der Südwestspitze England’s kommen desto mehr nimmt der Wind zu, nach und nach reffe ich Fock und Groß um gegen den Westwind anzukommen der uns mit 20-25 Knoten (in Böen 30) entgegen bläst. Wie sich nach der Rundung im letzten Abendlicht herausstellt handelt es sich um keinen Kap-Effekt und so kämpfen wir uns gegen den Wind über den Ärmelkanal. Zum Glück dreht der Wind wieder leicht auf Nord so dass wir wieder einen Tight Reach haben und mit 6-7 Knoten gut in Richtung Ouessant vorankommen.
Der Verkehr ist dieses Mal extrem dicht und wir müssen einige Haken schlagen und ich verbringe einige Zeit am Funkgerät mit “Ushant Traffic” und den Schiffen selbst um mir einen sicheren Weg zwischen den Frachtern hindurch zu suchen.
Mittags wird unter Spi wieder Ouessant passiert und wir können Bergfest feiern: die ersten 500 Seemeilen haben wir geschafft und weil es gerade so gut läuft (5-7 Knoten unter Code 5) und wir den Pt. de Raz genau mit der Strömung erwischen würden beschließt der Wind mal wieder eine komplette Flaute einzulegen.
6 Stunden dümpeln wir umher und werden von der Strömung zurück nach Ouessant und dir vorgelagerten Felsen gezogen, dann kommt endlich Wind auf (natürlich aus Süden, da wo wir hinmüssen) und so kreuzen wir gegen einen immer stärker werdenden Wind von 18-25 Knoten an, wieder unter unserer Lieblingsbesegelung von 2x gerefftem Groß und gereffter Fock.
Die Nacht kommt und ich rechne aus dass wir mit dem allerletzten Strom den Pt. du Raz durchfahren könnten und so kreuzen wir dahin. Damit es nicht zu langweilig wird bricht bei einer Wende mitten im engsten Teil der Schäkel der die Fock refft, wir wenden ungewollt und die Leeseite des Cockpits wird durch das Wasser gezogen denn das Groß ist vom Backstag blockiert.
Doch die Aufregung ist nur kurz, Groß und Backstag werden klariert, das Segel wird ausgerefft und um 1 Uhr nachts schaffen wir es durch die Meerenge und fahren zurück in die Bucht von Audierne…
(mehr im nächsten Teil)