Kartenarbeit

Da ich momentan aus gesundheitlichen Gründen nicht trainieren kann nutze ich die Zeit für die Vorbereitung der Saison.

Nachdem das neue laufende Gut soweit möglich gespleißt ist und auch die Elektronik an Bord von TEEM erweitert wurde steht momentan die Rennvorbereitung an, zumindest jene die man von zu Hause erledigen kann.

Eine Besonderheit des Mini-Segelns ist ja dass an Bord keine elektronischen Kartenplotter erlaubt sind, d.h. unser GPS darf nur Positionen und Wegepunkte anzeigen.
Dazu kommt die Tatsache dass ein Nebeneffekt des Einhandsegelns die Müdigkeit ist die bei mir teilweise an die Ramdösigkeit grenzt.
Kurzum versuche ich mir die Seekarten und Kurse so vorzubereiten dass diese Idiotensicher sind.

Meine Vorbereitung für die Saison sieht dabei so aus:
1. Allgemeine Wegepunkte
Dazu gehe ich meine Papierkarten einzeln durch und notiere mir wichtige Wegepunkte in der Seekarte. Die Koordinaten werden mit einigen Notizen dazu auch noch in ein Programm eingegeben. Jeder Punkt muss sich dabei auf fünf Zeichen beschränken – mehr erlaubt das GPS nicht. Beispiel: GLN_S ist die südliche Kardinalstonne der Iles de Glenan.

20130311-024044.jpgDie Wegepunkte die ich mir hier markiere sind z.B. Punkte um enge (teilweise unbetonnte) Durchfahrten, flache Stellen, etc. zu umfahren.
Ist das Fahrtgebiet sehr komplex (d.h. z.B. Viele Steine oder kleine Fläche Stellen) dann lege ich mir selbst eine Abfolge von Wegepunkten dafür an und notiere mir den maximalen Cross-Track-Error (xte). Flächen die ich nicht befahren sollte schraffiere ich teilweise – das hilft wenn man morgens um vier bei auffrischendem Wind umplanen muss.
Alle Wegepunkte werden dann an Bord in das GPS geladen (das spart nerviges eingeben).
Insgesamt kommen so an die hundert Wegepunkte zusammen.

2. Karten laminieren
Sind die Karten fertig vorbereitet werden die Blätter laminiert. Dadurch werden die Blätter wasserdicht und ich kann sie ohne Probleme auch bei Regen im Cockpit verwenden.
Eintragungen mache ich auf den laminierten Karten mit Permanent-Markern die sich ausradieren lassen. Das funktioniert extrem gut auch bei nassen und salzigen Seekarten.

3. Roadbook
Nun fertige ich mir für jedes Rennen ein Roadbook an.
Das Roadbook enthält eine Allgemeine Planung des konkreten Kurses.
Dazu konsultiere ich den Gezeitenatlas und Revierführer (ich verwende dazu den Reed’s) und teile mir den Kurs in Etappen ein. (Beispiel: Etappe 2 der Trophee Mare Agnes Perón: “Pt du Raz bis Iles de Glenan”). Bei der Etappe wird nun rausgeschrieben wie bei verschiedenen Wind und Tidensituationen gefahren werden sollte. Da kann z.B. stehen: “Ab 2,5h vor Niedrigwasser Chaussee de Sein mind 1sm W-lich, ab 2h vor Hochwasser Brest nah”.
Das ist aufgrund der starken Gezeitenströme in der Bretagne wirklich wichtig, gerade im Zusammenspiel mit der Windrichtung – so kann man später besser entscheiden ob man z.B. die Belle Ile innen oder außen umfährt.
Falls es dann noch die Tracks der letzten Jahre gibt oder ich das Rennen schonmal gefahren bin fließt natürlich auch das in das Roadbook mit ein.

4. Woche vor dem Rennen
Ab ca einer Woche vor dem Rennen kommt das Roadbook wieder hervor. Ab jetzt wird jeden Tag die Wetterkarte studiert und testweise ein Routing durch den Computer gejagt.
Wirklich interessant wird es aber erst ab 48 Stunden vor dem Start. Ab diesem Zeitpunkt sind die Vorhersagen recht zuverlässig. Wichtig ist nun dass wenn möglich das Boot soweit fertig ist damit man sich entspannen und auf das Wetter konzentrieren kann.
Jetzt werden die Wettermodelle GFS und ECMWF verglichen und auf Differenzen geschaut. Im Großen und Ganzen sind sich die Modelle meistens einig doch der Zeitpunkt wann eine Front vorbei zieht oder wie stark ein Dreher ausfällt ist häufig unterschiedlich.
Die Modelle werden dann in die Routingsoftware geladen und einige Ensembles berechnet. D.h. Es wird für die verschiedenen Wettermodelle mit einer Varianz in Windstärke, Windrichtung und erzielter Polargeschwindigkeit gerechnet. Entsprechende Notizen kommen in das Roadbook.
Falls sinnvoll werden noch einige Wegepunkte in das GPS programmiert.
Das Roadbook wird jetzt in freien Minuten immer wieder mal durchgeschaut um es zu verinnerlichen.

5. Abend vor und Tag des Starts
Am Abend vor dem Start wird die Route für das Rennen zusammengestellt (ggf mehrere mit Was-wäre-wenn Notizen) und in das GPS geladen. Die gesamte Route wird inkl Wegpunkt-Koordinaten, Kurs und Distanz zum nächsten Wegpunkt ausgedruckt und kommt an Bord.
Wetter und Routen werden das letzte Mal um ca 8 Uhr morgens am Tag des Starts durchgeschaut wenn die neusten Wetterdaten da sind (falls die Zeit es erlaubt). Die Wetterkarte und Routen werden ausgedruckt und kommen ins Roadbook sowie ggf. letzte Notizen.
Vor dem Start wird noch einmal die erste Etappe angesehen.

Wenn die Vorbereitung gut war kann man während des Rennens immer wieder zum Roadbook greifen, die aktuelle Situation mit den notierten Szenarien vergleichen und das weitere Vorgehen planen.
Die beste Vorbereitung nützt allerdings nichts wenn man während des Rennens im Stress die Unterlagen nicht nutzt. Das passiert übrigens schneller als man denkt. Letztes Jahr z.B. Habe ich in der Ansteuerung der Chaussee de Sein und der Ile de Groix in Zweikampf total die Tide vergessen und dafür bitter einstecken müssen. Aber nur aus sowas lernt man und so hab ich für die diesjährigen Roadbooks schon gleich die ersten Notizen.

This post is also available in: Englisch


miscellaneous